
Der „Kniefall von Warschau“ bezeichnet eine Geste der Demut und Reue des deutschen Bundeskanzlers Willy Brandt gegenüber den Opfern des Aufstands im Warschauer Ghetto.
Die Zeugen der Szene waren beeindruckt: Ein Politiker zeigte seine Gefühle, indem er seine Schuld gestand und um Vergebung bat. Mit gesenktem Kopf verharrte er zwanzig bis dreißig Sekunden lang in dieser Haltung. „Ich wurde oft gefragt, was diese Geste zu bedeuten hatte. War sie geplant? Nein, war sie nicht.“
Willy Brandt beschrieb die Situation viele Jahre später in seinen Memoiren so: „Als ich am Rande des Abgrunds der deutschen Geschichte stand und die Last von Millionen Morden spürte, tat ich, was Menschen tun, wenn ihnen die Worte fehlen.“
Die Veranstaltung fand am 7. Dezember 1970 in der damaligen kommunistischen Volksrepublik Polen während eines Besuchs eines Denkmals für den Aufstand im Warschauer Ghetto während der Nazizeit statt.
Nachdem Brandt einen Kranz niedergelegt hatte, kniete er völlig überraschend und allem Anschein nach spontan nieder. Umgeben von einer großen Gruppe von Würdenträgern und Pressefotografen verharrte er eine kurze Zeit schweigend in dieser Position.
Am selben Tag unterzeichnete Brandt den Vertrag von Warschau, der die Oder-Neiße-Linie als endgültige Grenze Deutschlands zu Polen anerkannte. Beide Maßnahmen lösten in Deutschland Kontroversen aus, ebenso wie die Ostpolitik im Allgemeinen, die nur von einer knappen Mehrheit der Bevölkerung befürwortet wurde.
Dies war innerhalb seiner eigenen Partei umstritten, zu deren Wählern ein erheblicher Anteil Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Gebieten in Polen gehörte, von denen die meisten dann zu den konservativen Parteien wechselten.

In historischer Hinsicht erlangte Brandt durch diese Tat großes Ansehen und sie gilt als einer der Gründe, warum er 1971 den Friedensnobelpreis erhielt.
Einer damaligen Spiegel-Umfrage zufolge hielten 48 Prozent aller Westdeutschen den Kniefall für übertrieben, 41 Prozent sagten, er sei angemessen und 11 Prozent hatten keine Meinung.
Der Kniefall war eine symbolische Aktion, die die Opposition gegen Brandt einzusetzen versuchte, wie etwa bei einem konstruktiven Misstrauensvotum im April 1972, das Brandt mit nur zwei Stimmen Vorsprung gewann.
Brandts Erdrutschsieg bei den darauffolgenden Wahlen Ende 1972 war auch auf die wachsende Ansicht der Wähler zurückzuführen, dass Brandts Ostpolitik – symbolisiert durch den Kniefall – und seine reformistische Innenpolitik dazu beitrugen, Deutschlands internationales Ansehen zu stärken und daher unterstützt werden sollten.
Am 6. Dezember 2000, am Vorabend des 30. Jahrestages seiner berühmten Geste, wurde auf dem Willy-Brandt-Platz in Warschau (in der Nähe des Denkmals für die Helden des Warschauer Ghettos) ein Denkmal für Willy Brandt enthüllt.