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Kriegsverbrecher vor Gericht – Deutsche Feldmarschälle in Nürnberg, 1945–1946

World War Two

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Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stand Europa nicht nur vor dem Wiederaufbau zerstörter Städte und Gesellschaften, sondern auch vor einer historischen Aufgabe: die juristische Aufarbeitung beispielloser Kriegsverbrechen. In Nürnberg, dem ehemaligen Symbol nationalsozialistischer Parteitage, wurde der Ort für ein nie dagewesenes Tribunal gewählt – die Nürnberger Prozesse, die zwischen 1945 und 1946 stattfanden.

Unter den vielen hochrangigen Angeklagten standen auch prominente Feldmarschälle der Wehrmacht vor Gericht. Männer, die einst mit Macht und Autorität über Heere und Fronten bestimmten, mussten sich nun in einem Saal verantworten, in dem nicht mehr Befehle ausgegeben, sondern Verbrechen verhandelt wurden. Hugo Sperrle, Georg von Küchler und Wilhelm von Leeb – alle drei Träger hoher militärischer Ehren – waren unter den Angeklagten der sogenannten „OKW-Prozesse“, benannt nach dem Oberkommando der Wehrmacht.

Feldmarschall Hugo Sperrle war Oberbefehlshaber der Luftflotte 3 und spielte eine zentrale Rolle bei der Bombardierung von Städten während des „Blitz“ über Großbritannien. Seine Verantwortung für die systematische Zerstörung ziviler Ziele stand zur Debatte, doch letztlich wurde er aus Mangel an Beweisen 1948 freigesprochen.

Georg von Küchler, als Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord tief in den Angriff auf die Sowjetunion involviert, war an der brutalen Kriegsführung im Osten beteiligt, einschließlich der Unterstützung rückwärtiger SS- und Polizeieinheiten, die Massaker an Zivilisten und Juden durchführten. Küchler wurde 1948 zu 20 Jahren Haft verurteilt, jedoch bereits 1953 vorzeitig entlassen.

Wilhelm von Leeb, Befehlshaber der Heeresgruppe C und später Heeresgruppe Nord, wurde für seine Rolle beim Angriff auf die Sowjetunion und die Tolerierung schwerer Kriegsverbrechen, wie die Belagerung Leningrads, zur Rechenschaft gezogen. Trotz seiner Position wurde Leeb ebenfalls mangels direkter Beweise für persönliche Befehle zur Misshandlung von Zivilisten freigesprochen.

Die Nürnberger Prozesse stellten einen Wendepunkt in der internationalen Rechtsgeschichte dar. Zum ersten Mal wurden staatliche und militärische Führer für ihre Handlungen in einem völkerrechtlich legitimierten Verfahren belangt – der Grundstein für den modernen Begriff der “Verbrechen gegen die Menschlichkeit” war gelegt.

Das Bild der ehemals mächtigen Feldherren, nun in einem Gerichtssaal sitzend, spricht eine eigene Sprache: Es zeigt den Zusammenbruch einer militärischen Elite, die sich jahrzehntelang hinter Disziplin und Gehorsam versteckte. Die Prozesse warfen auch eine tiefergehende Frage auf, die bis heute relevant ist: Inwieweit ist militärischer Gehorsam von moralischer Verantwortung zu trennen?

Die Verfahren gegen Sperrle, Küchler und von Leeb mögen nicht mit lebenslangen Strafen geendet haben, doch sie markierten eine Zäsur im Selbstverständnis militärischer Macht, in Deutschland wie weltweit. Und sie mahnen uns, dass keine Uniform, kein Rang und keine Befehlsstruktur über der Menschlichkeit stehen darf.

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