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Der Mythos der „Trümmerfrauen“ in Deutschland – Trümmerfrau

Trümmerfrau in Berlin. Von Bundesarchiv - CC BY-SA 3.0 de 
Trümmerfrau in Berlin. Von Bundesarchiv – CC BY-SA 3.0 de

In ganz Deutschland findet sich ein wiederkehrendes Motiv in Statuen: Eine Frau mit einem Hammer in der Hand, die Haare zu einem Kopftuch zusammengebunden, blickt entschlossen in die Ferne. Die Statuen sind Denkmäler für die Trümmerfrau, die in der deutschen Geschichte für ihre Hilfe beim Wiederaufbau des Landes nach dem Zweiten Weltkrieg verehrt wird.

Zu Beginn des Krieges warfen die Deutschen Bomben auf Großbritannien nieder, was als „Blitz“ bekannt wurde. Am Ende des Krieges revanchierten sich die Alliierten, indem sie Tonnen von Bomben auf deutsche Städte warfen und große Teile von Großstädten und anderen Ballungsgebieten in Schutt und Asche legten.

Der Deutsche Reichstag in Berlin nach den Bombenangriffen der Alliierten, 1945
Der Deutsche Reichstag in Berlin nach den Bombenangriffen der Alliierten, 1945

Im Mai 1945 lagen deutsche Städte schätzungsweise unter 400 Millionen Kubikmetern Schutt. Würde man so viel Schutt auf zehn Fußballfelder stapeln, wäre der Haufen so hoch wie der Montblanc – und die Spitze wäre dauerhaft mit Schnee bedeckt.

Allein in Hamburg wurden 50 % der Wohnhäuser vollständig zerstört. Nur 25 % überstanden den Krieg ohne Schäden. In den Tagen nach dem Ende der Kämpfe musste die Stadt 43 Millionen Kubikmeter Schutt irgendwie beseitigen.

Trümmerfrau, Berlin. Von Bundesarchiv – CC BY-SA 3.0 de
Trümmerfrau, Berlin. Von Bundesarchiv – CC BY-SA 3.0 de

Als Bundeskanzler Helmut Kohl 2005 der Trümmerfrau eine Statue widmete, sagte er, sie sei „ein Denkmal für die zahlreichen Frauen, die sich freiwillig zur Trümmerräumung gemeldet haben“. Seitdem wurde das Symbol der Frauen, die sich freiwillig und fröhlich zur Räumung zerstörter Städte bereit erklärten, um Platz für den Wiederaufbau Deutschlands zu schaffen, immer wieder im öffentlichen Raum Deutschlands wiederauferlegt.

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Statue für den Ost-Berliner Aufbauhelfer. Von Benutzer:SpreeTom – CC BY-SA 3.0
Statue für den Ost-Berliner Aufbauhelfer. Von Benutzer:SpreeTom – CC BY-SA 3.0

Historiker widersprechen dieser Vorstellung inzwischen. Leonie Treber nennt die Geschichte der Trümmerfrau eine „Legende“. Nicht nur seien nicht besonders viele Frauen an der Trümmerbeseitigung beteiligt gewesen, auch die, die geholfen hätten, seien nicht freiwillig gewesen.

Treber begann 2005 mit ihrer Forschung zu den Trümmerfrauen. Sie schrieb ihre Doktorarbeit an der Universität Duisburg-Essen über sie. Zuvor war das Thema wissenschaftlich kaum erforscht worden. Kürzlich veröffentlichte sie ein Buch über ihre Forschungen mit dem Titel „Der Mythos der Trümmerfrauen“.

Laut Treber spielten die Frauen bei der Beseitigung des Schutts nur eine geringe Rolle. In Berlin arbeiteten 60.000 Frauen an der Beseitigung des Schutts, aber das waren weniger als 5 % der weiblichen Bevölkerung der Stadt.

Trümmerfrau in Berlin, 1946. Von Bundesarchiv – CC BY-SA 3.0 de
Trümmerfrau in Berlin, 1946. Von Bundesarchiv – CC BY-SA 3.0 de

Nicht nur die Frauen meldeten sich nicht freiwillig zum Wiederaufbau, auch die Männer meldeten sich nicht. Es galt nicht als ehrenhaft, beim Wiederaufbau zu helfen. Tatsächlich wurde es als Strafe angesehen.

Der Grund dafür liegt darin, dass die NSDAP während des Krieges Soldaten, Hitlerjugendliche, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge zwang, die Trümmer in Berlin aufzuräumen. Nach dem Krieg begannen die Behörden, Kriegsgefangene und ehemalige NSDAP-Mitglieder einzusetzen. Erst als der Einsatz dieser Zwangsarbeiter nicht ausreichte, wandte sich das Land an die Bevölkerung um Hilfe. Im Westen war die Hilfe freiwillig. In den sowjetisch besetzten Gebieten wurde die Bevölkerung zur Hilfe gezwungen.

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Trümmerfrau, Berlin, 1947. Von Bundesarchiv – CC BY-SA 3.0 de
Trümmerfrau, Berlin, 1947. Von Bundesarchiv – CC BY-SA 3.0 de

Berlin förderte die Beteiligung, indem es den Trümmerfrauen die zweithöchste Kategorie von Lebensmittelkarten zur Verfügung stellte. Sie zeigten Bilder von lächelnden Frauen, die fröhlich Steine ​​und Ziegel schleppten. Das Bild wurde so oft wiederholt, dass es sich in das deutsche kollektive Bewusstsein eingebrannt hat.

Trümmerfrau in Berlin. Von Bundesarchiv – CC BY-SA 3.0 de
Trümmerfrau in Berlin. Von Bundesarchiv – CC BY-SA 3.0 de

Diese Kampagne funktionierte zunächst nur in Ostdeutschland, wo das Trümmerfrauen-Ideal zum Vorbild für Frauen wurde, die eine traditionelle Männerarbeit anstrebten. Im Westen entsprach dieses Bild allerdings nicht den konservativen Vorstellungen von der Rolle der Frau.

In den 1980er Jahren kehrte das Bild der Trümmerfrau nach Westdeutschland zurück, dieses Mal als eine der Heldinnen des deutschen Wiederaufbaus, als die Politiker über die Gewährung von Sozialleistungen für vor 1921 geborene Frauen stritten.

Trümmerfrau-Denkmal. Von Lienhard Schulz – CC BY 2.5
Trümmerfrau-Denkmal. Von Lienhard Schulz – CC BY 2.5

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