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Im Mai 1980 änderte sich das Leben von Marianne Bachmeier für immer. Die alleinerziehende Mutter aus Lübeck in Norddeutschland führte eine kleine Gaststätte und kümmerte sich liebevoll um ihre Tochter Anna. Ihr Alltag war einfach, aber geprägt von Nähe und Verbundenheit zwischen Mutter und Kind.
Eines Tages verschwand Anna auf dem Weg zur Schule. Wenig später wurde bekannt, dass ein Mann aus der Umgebung verdächtigt wurde, etwas mit dem Verschwinden des Mädchens zu tun zu haben. Die Nachricht erschütterte nicht nur Marianne, sondern auch die gesamte Stadt.
Der Fall führte zu einer großen Anteilnahme in der Bevölkerung und machte deutlich, wie verletzlich Eltern und Kinder in solchen Situationen sind. Als der Täter später vor Gericht stand, verfolgte Marianne den Prozess mit – für sie war es eine Zeit intensiver Trauer und Hilflosigkeit.
Am 6. März 1981 kam es während des Prozesses zu einem Vorfall, der in die deutsche Justizgeschichte einging. In einem Moment tiefster Verzweiflung zog Marianne eine Waffe und gab mehrere Schüsse auf den Angeklagten ab. Der Mann kam dabei ums Leben. Diese Tat löste in der Öffentlichkeit ein breites Echo aus – von Verständnis und Mitgefühl bis hin zu scharfer Kritik.
Marianne wurde noch im Gerichtssaal festgenommen und später wegen vorsätzlicher Tötung und unerlaubten Waffenbesitzes verurteilt. Sie verbrachte einige Jahre im Gefängnis und wurde danach vorzeitig entlassen. Der Fall Bachmeier spaltete die Gesellschaft: Viele Menschen sahen in ihr eine verzweifelte Mutter, andere wiederum betonten, dass Gewalt niemals ein Mittel der Gerechtigkeit sein dürfe.
Nach ihrer Haft lebte Marianne einige Zeit im Ausland und zog später wieder nach Lübeck zurück. Dort verbrachte sie ihre letzten Lebensjahre. Bis zu ihrem Tod im Jahr 1996 blieb sie eine umstrittene, aber auch bewunderte Figur – ein Symbol für die komplexen Gefühle zwischen Trauer, Wut und dem menschlichen Wunsch nach Gerechtigkeit.
Der Fall Marianne Bachmeier wird in Deutschland bis heute diskutiert. Er stellt die Frage, wie weit persönliche Verzweiflung gehen darf – und wo die Grenzen des Rechtsstaats liegen.